Der öffentliche Raum und Corona

# ,

Ein Beitrag von Anke Borcherding

 

 

Anke Borcherding ist neben ihrer Tätigkeit im Projektmanagement
Nachhaltige Mobilität der FU Berlin Gastautorin der Forschungsgruppe
Digitale Mobilität
am WZB.
Sie beschäftigt sich theoretisch und
vor allem praktisch mit Projekten zum Thema Mobilität und ist in
der Stadt und auf dem Land immer nur mit dem ÖV, dem Rad und manchmal
mit einem Carsharing-Auto unterwegs. Da sammelt sich viel eigene Empirie an.

 

 


Der öffentliche Raum und Corona

Ein Sonntagnachmittag im RE von Greifswald nach Berlin. Zweimal umsteigen, drei überfüllte und überheizte Züge. Fast vier Stunden unterwegs. Neben mir sitzen drei Personen ohne Maske. „Darf ich fragen, wieso Sie keine Maske tragen?“ Eine Antwort: „Ich brauche die nicht.“ Zweimal keine Antwort. Eine Maske dann oben, aber die Nase bleibt frei. Keine Kontrolle, keine Schaffnerinnen. Wie so oft bei der DB Regio in Brandenburg seit Corona.

Ich hätte nie gedacht, dass mir Kontrolleurinnen einmal fehlen würden. Aber ich weiß nicht, wer da neben mir sitzt. Ist sie geimpft? Ist er genesen? Hat sie einen Test gemacht? Das geht mich als Fahrgast/Privatperson auch überhaupt nichts an. Aber ich möchte die Sicherheit haben, dass die, die es angeht, wissen, wer bei ihnen im ÖV sitzt: Die Verkehrsunternehmen, die die Mobilität anbieten und sich auch von mir bezahlen lassen. Aber die nichts dafür tun, dass das neue Sicherheitsbedürfnis bedient wird.

Mehr Geld für was?

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen verkündet im TV, man könne das mit der Sicherheit nicht. Aber man brauche mehr Geld. Man fragt sich – wofür eigentlich? Vielleicht für einen Systemumbau für bessere und kundengerechte Angebote? Für Digitalisierung? Für Flexibilisierung? Für Nachhaltigkeit? Natürlich nicht. Sondern um die Einnahmeausfälle durch Corona zu kompensieren.

Ebenso die Schulen. Wir kriegen kurz vor dem dritten Corona-Jahr für die Kinder an den öffentlichen Schulen und Kindergärten keinen Schutz hin. Am besten, das Kind wird im Privatauto gefahren. Statt öffentliche Schule und Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Private verspricht Sicherheit oder wenigstens Kontrolle. Die Öffentlichkeit ist zu gefährlich. Denn hier liefert man sich anderen Menschen aus und begibt sich an Orte, die oft nicht nett sind. Frauen im öffentlichen Raum und auch in öffentlichen Verkehrsmitteln können davon ein Lied singen.

Der öffentliche Raum ist fragil und bedarf des Schutzes, damit sich alle dort halbwegs wohlfühlen können. Es bedarf der Bemühung um den öffentlichen Raum. Zwar wird nicht alles sofort gehen können, aber es sollte ein Wille sichtbar sein. Und ein Verständnis für die Probleme, die der öffentliche Raum mit sich bringt.

Verantwortung? Wer ich?

Kann es sein, dass der öffentliche Raum, der mit öffentlichem Geld finanziert und von Menschen im öffentlichen Auftrag organisiert wird, tatsächlich niemanden interessiert? Was passiert in diesem öffentlichen Raum eigentlich? Ist niemand verantwortlich für die Verwendung der vielen Mittel, wird kein Erfolg von Maßnahmen gemessen und wird Misserfolg abgestellt? Es ist leider im öffentlichen Raum wie in der Regionalbahn. Keiner ist verantwortlich.

Also bitte: Setzt 3G im ÖV durch und kontrolliert. Damit die, die sich den ÖV antun, nicht auch noch Corona dazu kriegen.

 


 

Weitere Beiträge von Anke Borcherding

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus
Bitte füllen Sie dieses Feld aus
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Menü